Inter­na­tio­na­ler Wissenstransfer

Tagung “Migra­ti­on, Adapt­a­ti­on, Inno­va­ti­on: 1500–1800”

Migrant*innen spiel­ten bei der tech­ni­schen Ent­wick­lung der frü­hen Moder­ne eine ent­schei­den­de Rol­le. Wie beein­fluss­ten sich Immi­gra­ti­on und Inno­va­ti­on? Über die­ses hoch aktu­el­le The­ma dis­ku­tier­ten im Deut­schen Tech­nik­mu­se­um inter­na­tio­na­le Forscher*innen.

Am 4. und 5. April 2024 kamen auf Ein­la­dung der Nor­th­um­bria Uni­ver­si­ty, New­cast­le (Groß­bri­tan­ni­en) For­schen­de aus ver­schie­de­nen Län­dern im Deut­schen Tech­nik­mu­se­um zusam­men. Die Tagung war Bestand­teil des von Dr. Feli­cia Gott­mann an der Nor­th­um­bria Uni­ver­si­ty initi­ier­ten und 2021 begon­ne­nen For­schungs­pro­jekts, das den vor Jah­ren in der Tech­nik­ge­schichts­schrei­bung for­mu­lier­ten Ansatz und Auf­ruf zu einer Glo­bal­ge­schich­te mit der Wis­sens­ge­schich­te ver­bin­det. Die vor­ge­stell­ten Detail­stu­di­en aus der Glas‑, Uhren‑, Tee‑, Tex­til- und Schuss­waf­fen­pro­duk­ti­on sowie Eisen­ver­ar­bei­tung, Berg­bau und Land­wirt­schaft des 16. bis 19. Jahr­hun­derts in Euro­pa, Indi­en, Asi­en, Afri­ka und Mit­tel­ame­ri­ka offen­bar­ten, wie unter­schied­lich die Pro­zes­se des Wis­sens­trans­fers waren. Doch konn­ten auch struk­tu­rel­le Par­al­le­len her­aus­ge­ar­bei­tet werden.

Erfah­rungs­wis­sen und Arbeitsprozesse

So zeig­te Lilia­ne Hilai­re-Pérez (Uni­ver­si­ty Paris Cité) auf, dass das Kon­zept der Adap­ti­on von Erfah­rungs­wis­sen durch stän­di­ges Wie­der­ho­len und Inter­pre­tie­ren der ket­ten­ar­tig inein­an­der­grei­fen­den Arbeits­pro­zes­se in natio­na­len Werk­stät­ten nicht nur dort, son­dern eben­so auf trans­na­tio­na­ler Ebe­ne funk­tio­nier­te. Wei­te­re Aspek­te und Ergeb­nis­se waren: Nicht-geteil­tes Wis­sen ende­te mit dem Leben der jewei­li­gen Wissensträger*innen, die Beschäf­ti­gung von aus­län­di­schen Handwerker*innen beför­der­te tech­no­lo­gi­sche Inno­va­tio­nen, Wis­sen wur­de auch über Zwangs­re­kru­tie­rung von erfah­re­nen Arbeits­kräf­ten impor­tiert. Wis­sen konn­te mit­un­ter nicht 1:1 über­nom­men, son­dern muss­te an kli­ma­ti­sche Bedin­gun­gen und hei­mi­sche Tra­di­tio­nen sowie Arbeits­prak­ti­ken ange­passt wer­den. Die For­schungs­er­geb­nis­se sol­len bis Ende 2025 in einer abschlie­ßen­den Publi­ka­ti­on ver­öf­fent­licht werden.

Wis­senst­ra­die­rung im Technikmuseum

Die Koope­ra­ti­on mit dem Deut­schen Tech­nik­mu­se­um bestand dar­in, die For­schung zum Wis­sens­trans­fer über Migra­ti­on auf die Muse­ums­ar­beit zu bezie­hen und die inter­nen Werk­stät­ten zum Papier­schöp­fen und zur Schmuck­pro­duk­ti­on als Bei­spie­le für die Tra­die­rung von Erfah­rungs­wis­sen vor­zu­füh­ren. Astrid Venn und Clau­dia Schus­ter initi­ier­ten zudem eine Dis­kus­si­ons­run­de mit den am For­schungs­pro­jekt teil­neh­men­den bri­ti­schen Muse­en, dem Jüdi­schen Muse­um Ber­lin und Dani­elle Kuij­ten, die in Ams­ter­dam mit Migrant*innengruppen arbei­tet. Auch die­se Dis­kus­si­ons­run­de kam zu dem Ergeb­nis, dass eine inte­gra­ti­ve Arbeit (Out­reach) vor allem über per­sön­li­chen Kon­takt und gegen­sei­ti­ge Offen­heit und Lern­be­reit­schaft Erfolg ver­spricht. Für das Deut­sche Tech­nik­mu­se­um stell­te die Tagung mit ihren kon­struk­ti­ven Dis­kus­sio­nen eine Berei­che­rung dar und ver­moch­te die kura­to­ri­sche Arbeit zu inspirieren.

Clau­dia Schuster

Claudia Schuster leitet den Sammlungsbereich Schifffahrt und Nautik des Deutschen Technikmuseums.