Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität
Fahrrad und E-Bike als Verkehrsmittel für Strecken bis zu 20 Kilometern gelten als das Rückgrat einer Mobilitätswende. Denn das Fahrrad spielt eine Schlüsselrolle, um die Verkehrssituation in Städten und urbanen Räumen zu entspannen. Die Rolle der Fahrradwirtschaft ist in diesem Kontext zentral.

74 Prozent aller bundesweit zurückgelegten Wege betragen weniger als zehn Kilometer, 87 Prozent sind kürzer als 20 Kilometer. In den dichtesten Gebieten (Metropolen) sind 91 Prozent aller Wege kürzer als 20 Kilometer, im ländlichen Raum 83 Prozent. Unabhängig vom Siedlungsraum: Immer ist ein Drittel aller Wege kürzer als zehn Kilometer. Damit ist klar: Hier ist das Fahrrad, insbesondere auch in der elektrisch unterstützten Version als E-Bike, eine großartige Möglichkeit. Die Vorteile des Fahrrads sind dabei offensichtlich: Es verursacht keine direkten Emissionen, verbraucht im Vergleich zu Autos nur einen Bruchteil der Ressourcen und benötigt deutlich weniger Fläche. Diese Eigenschaften machen Fahrrad und E-Bike zu einem idealen Verkehrsmittel.
Ein weiterer entscheidender Faktor, der das Fahrrad als Verkehrsmittel der Zukunft positioniert, sind die gesundheitlichen Vorteile: Radfahren fördert die körperliche Aktivität, was zur Vorbeugung zahlreicher Zivilisationskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Übergewicht beiträgt. Studien zeigen, dass regelmäßiges Radfahren nicht nur die körperliche Fitness verbessert, sondern auch das psychische Wohlbefinden steigert. Dies trägt nicht nur zur individuellen Gesundheit bei, sondern entlastet auch die Gesundheitssysteme, die zunehmend unter dem Druck einer alternden Bevölkerung und steigender Behandlungskosten leiden. Und da E-Bikes für etwa viermal so viele Kilometer genutzt werden wie Fahrräder ohne Unterstützung, gilt das Gesundheits-Argument insbesondere für E-Bikes.
Soziale Inklusion ist ein weiterer Aspekt, der oft übersehen wird, wenn es um die Bedeutung des Fahrrads in der Mobilitätswende geht. Im Gegensatz zum Auto, das in Anschaffung und Unterhalt teuer ist, sind Fahrräder und E-Bikes erschwinglicher und daher für breite Bevölkerungsschichten zugänglich.
Ein Hauptteil der in Deutschland zurückgelegten Wege der persönlichen Mobilität sind relativ kurz. Die Effizienz von Fahrrad und E-Bike ist auch auf den sogenannten „letzten Meilen“ von Bedeutung, also auf den letzten Streckenabschnitten, die nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden können. Hier zeigt sich das Fahrrad als Verkehrsmittel, das sich nahtlos in multimodale Verkehrssysteme integrieren lässt.


Die Innovation der Fahrradindustrie
Die Fahrradindustrie ist eine der ältesten Industrien in Deutschland. Um 1880 entsteht die industrielle Fahrzeugproduktion, bereits 1888 wird der erste industrielle Interessensverband gegründet. Nicht nur Innovationen wie der Freilauf und der Rücktritt stammen aus der deutschen Industrie – mit dem hochwertigen Kugellager und dem nahtlosen Rohr sind auch spätere Weltunternehmen wie Mannesmann und FAG Kugelfischer eng mit dem Ursprung in der Fahrradindustrie verbunden. Während in den 1920er Jahren noch das Fahrrad in all seinen Variationen das absolut dominierende Fahrzeug ist, geht mit dem Siegeszug des Autos ab den 1950ern auch die Bedeutung der produzierenden Industrie deutlich zurück. Immer wieder muss die Fahrradindustrie sich mit Innovationen neu erfinden und ihre Produkte neu positionieren. Mit dem Mountainbike gelingt das zum Beispiel in den 1980er Jahren.
E-Bikes haben das Radfahren grundlegend verändert
Ein weiteres herausragendes Beispiel für die Innovationskraft ist die Entwicklung des E-Bikes. 2023 haben die E-Bikes die klassischen Fahrräder ohne unterstützenden Motor in ihrer Beliebtheit bei den Kaufenden überholt. Elektrisch unterstützte Fahrräder haben das Radfahren grundlegend verändert. E-Bikes ermöglichen es, längere Strecken ohne große Anstrengung zurückzulegen und auch schwieriges Gelände zu meistern. „Eingebauter Rückenwind“ hat das Radfahren für Menschen zugänglich gemacht, die vorher aufgrund von Alter, körperlichen Einschränkungen oder mangelnder Fitness vom Radfahren ausgeschlossen waren. E-Bikes sind nicht nur eine Ergänzung zum klassischen Fahrrad, sondern haben sich zu einem eigenständigen Verkehrsmittel entwickelt, das in vielen Städten bereits einen erheblichen Anteil am Radverkehr ausmacht. Die Elektrifizierung bringt auch deutlich mehr Sicherheit mit sich. Bremslichter sind bei hochwertigen Rädern auf dem Vormarsch, ABS wird in den kommenden Modellgenerationen ebenfalls hinzukommen.

Neben der Elektrifizierung spielen auch Materialinnovationen eine wichtige Rolle. Moderne Fahrräder werden oft aus leichten und dennoch stabilen Materialien wie Aluminium oder Carbon gefertigt. Gleichzeitig ermöglicht der Einsatz neuer Materialien und Fertigungstechniken eine individuelle Anpassung der Fahrräder an die Bedürfnisse der Nutzenden, sei es durch ergonomische Rahmendesigns oder spezielle Dämpfungssysteme, die den Fahrkomfort erhöhen. Fertigungsverfahren wie 3D-Druck kommen verstärkt zum Einsatz. Bei den elektrifizierten Fahrrädern ist es der Industrie mittlerweile gelungen, E-Bikes mit deutlich weniger als 20 Kilogramm Gewicht zu fertigen, was für viele Nutzende einen weiteren Vorteil darstellt.
Ein Bereich, in dem die Fahrradindustrie Innovationen vorantreibt, ist die Integration von digitalen Technologien.
Smarte Fahrräder, die mit Sensoren und vernetzten Systemen ausgestattet sind, eröffnen völlig neue Möglichkeiten für die Branche und ihre Kundinnen und Kunden. Sie können beispielsweise den Verkehr in Echtzeit analysieren und so zur Verbesserung der Verkehrssicherheit beitragen. Auch die Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern wird durch digitale Technologien erleichtert. Darüber hinaus hat die Fahrradindustrie neue Geschäftsmodelle entwickelt, die den Zugang zu Fahrrädern erleichtern und ihre Nutzung fördern. Bikesharing-Systeme, die es den Nutzenden ermöglichen, Fahrräder flexibel und kostengünstig zu mieten, sind in vielen Städten bereits fest etabliert. Diese Systeme tragen dazu bei, das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel zu etablie-ren, indem sie die Hürde des Fahrradbesitzes beseitigen und die Nutzung von Fahrrädern in Kombination mit anderen Verkehrsmitteln erleichtern. Auch Abo-Modelle, bei denen Nutzende ein Fahrrad für eine monatliche Gebühr leasen und dabei umfassende Serviceleistungen in Anspruch nehmen können, gewinnen an Beliebtheit.
Politische Unterstützung und Infrastrukturmaßnahmen
Fahrrad und E-Bike – und somit die Fahrradindustrie – können ihr volles Potenzial nur dann entfalten, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der Mobilitätswende ist der Ausbau einer sicheren und durchgängigen Fahrradinfrastruktur. Ein durchgängiges Netzwerk aus geschützten Radwegen ist hier die Vorbedingung. Auch die Schaffung von sicheren und komfortablen Abstellmöglichkeiten sowie Ladestationen für E-Bikes sind wichtige Aspekte, die den Radverkehr fördern.
Der Ausbau der Fahrradinfrastruktur ist nicht nur eine Frage der Investitionen, sondern auch der politischen Prioritätensetzung. Genau das erleben wir in vielen Städten Deutschlands gerade sehr deutlich. Obwohl es in vielen Kommunen noch erheblichen Nachholbedarf gibt, was die Sicherheit und Durchgängigkeit der Radwege betrifft, und die Bundesregierung mit dem Programm „Stadt und Land“ die höchsten Mittel bereitstellt, die es jemals gab, können die politischen Diskussionen um den Ausbau der Radinfrastruktur mancherorts als deutlich überhitzt bezeichnet werden. Dabei werden allzu oft Fahrradfahrende gegen Autofahrende ausgespielt. Ein Ausbau des Radverkehrs nutzt nämlich auch den Autofahrenden, denn der Verkehrsfluss kann sich für alle Verkehrsteilnehmenden deutlich verbessern, der ÖPNV entlastet werden. Hier sind mutige politische Entscheidungen gefragt, um den begrenzten Raum in den Städten zugunsten des Radverkehrs umzuverteilen und gleichzeitig den motorisierten Verkehr zu entlasten, sowie den ÖPNV für Menschen, die beispielsweise nicht mehr radfahren können, attraktiv zu halten.

Zukunftsperspektiven: Integration und Nachhaltigkeit
Die Zukunft der Fahrradindustrie sieht großartig aus. Die Nachfrage nach Fahrrädern, E-Bikes und fahrradbezogenen Dienstleistungen wird weiter steigen, besonders in Gebieten, die mit Verkehrsstaus und Umweltproblemen zu kämpfen haben. Die Urbanisierung und das Wachstum der Megastädte weltweit machen effiziente Verkehrssysteme unumgänglich. Die Integration des Fahrrads in multimodale Verkehrssysteme und die Erschließung neuer Märkte bieten zusätzliche Chancen für die Branche.
Technologische Entwicklungen, insbesondere in der Digitalisierung und der Nutzung von KI zur Verkehrssteuerung, werden die Fahrradindustrie in naher Zukunft weiter voranbringen. Der wachsende globale Trend zu nachhaltigem Konsum wird ebenfalls ein entscheidender Wachstumstreiber sein. Unternehmen, die auf ökologische und sozialverantwortliche Produktion setzen, können neue Märkte erschließen, langfristig erfolgreich sein und ihren Mitarbeitenden eine hohe Bindewirkung bieten.
Die Fahrradindustrie spielt eine zentrale Rolle in der globalen Mobilitätswende und wird diese noch ausbauen. Mit sinnvoller Stadtentwicklung, technologischem Fortschritt und einem klaren Fokus auf Effizienz und Nachhaltigkeit werden Fahrrad und E-Bike wieder zu den wichtigsten Kurz- und Mittelstrecken-Verkehrsmitteln werden, die nicht nur die Umwelt schonen, sondern vor allem die Lebensqualität weltweit verbessern.